Kaum hatte unsere Spezies die Höhen des humanen Daseins erklommen, ging es auch schon wieder bergab, denn gerade hatte der Mensch den aufrechten Gang erworben, schon verlor er die Aufrichtigkeit. Mit der Mensch-Werdung entstand auch die Lüge, mit dem Mensch-Sein ist sie bis heute ein untrennbarer Teil von uns. Die moderne Verhaltensforschung singt der Lüge ein Lob, hat doch das Lügen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der menschlichen Intelligenz beigesteuert. Als Vorteils-Strategie aus dem Tierreich bewahrt, wird sie nun in evolutionärer Gewandtheit gekonnt an jedermann ausprobiert und überall zum eigenen Vorteil genutzt. Längst ist die Vorstellung überholt, dass die Natur des Menschen durch seine kulturelle Entwicklung soweit deformiert wurde, dass nun auch der Hang zur Täuschung als negative Begleiterscheinung der zivilisatorischen Entwicklung in Kauf genommen werden muss. Das Gegenteil ist der Fall: Ohne die Lüge würde es uns Menschen wahrscheinlich nicht geben, zumindest nicht so, wie wir heute sind.